Auswahlkriterien zur Person

Hermann Everwyn steht zum einerseits für den guten und einfachen Polizisten, andererseits – so die Sicht seines Sohnes - für den typischen Befehlsempfänger. Beide Beschreibungen schließen sich keinesfalls aus. Sie ergänzen sich vielmehr zum Bild des Rädchens im Getriebe, das vorbildlich funktioniert. Everwyn stellte sich so verschiedenen politischen Systemen wie der Weimarer Republik, der nationalsozialistischen Diktatur und der Bundesrepublik ohne Vorbehalt zur Verfügung.

Wie der Großteil der deutschen Beamtenschaft diente Everwyn dem NS-Regime in Kenntnis von dessen verbrecherischer Natur. Die nationalsozialistische Vernichtungspraxis war ihm durch seine Tätigkeit beim Befehlshaber der Ordnungspolizei in Münster bekannt. Was er an seinem Schreibtisch in Münster „im Auftrag“ bearbeitete, konnte anderenorts zur Auslöschung von Menschenleben beitragen.

Nach dem Krieg fand in den Reihen der Polizei kein personeller Neuanfang statt. Der Staat setzte weitgehend auf die Berufserfahrung und Treue der ebenso bewährten wie belasteten Beamten – unter anderem auf Hermann Everwyn. Polizeiarbeit in Deutschland zwischen 1920 und 1960 wurde also weitgehend von den selben Personen geleistet, die für die Auswirkungen ihres Handelns weder zur Verantwortung gezogen noch darüber Rechenschaft ablegen mussten.