Autoren

Diese Lebensgeschichte ist Bestandteil des Projekts "Flucht und Vertreibung", das die Schülergeschichtswerkstatt der Realschule Korschenbroich 2009/2010 durchgeführt hat.
Vgl. dazu den Gesamtprojektbericht von Eva Hermanns. Hier der Einzelprojektbericht:

Projektbericht von Florian und Pascal

Schon seit 2007 sind wir Mitglied in der Geschichtswerkstatt unserer Realschule. Hier befassen wir uns mit verschiedenen Themen wie z.B. der Stolpersteinverlegung für die ermordeten jüdischen Mitbürger in Korschenbroich und Glehn. Durch Herrn Dr. Rüther erfuhren wir von www.Lebensgeschichten.net und nahmen gerne seinen Vorschlag auf, Korschenbroicher Flüchtlingsgeschichten im Netz zu dokumentieren. Unser Beweggrund für die Teilnahme an dem Projekt war, mehr über die früheren Lebensumstände der Menschen zu erfahren und zu dokumentieren. Wir fragten uns: Wie kommt ein Mensch mit der Situation klar, nach so schrecklichen Ereignissen einen neuen Alltag aufzubauen? Wie ist es, seine alte Heimat zurück zu lassen? Wie ist es, seine Freunde und Verwandten zurück zu lassen? Wie sehr prägt es einen Menschen, den Krieg miterlebt zu haben?

Recherche
Bevor wir auf Zeitzeugensuche gehen konnten, beschäftigten wir uns mit den Gründen für die Flucht und der Vertreibung der Menschen während des Krieges. Wir waren erstaunt, dass ca. 8 Millionen Menschen in den Westteil von Deutschland geflohen waren. Trotzdem haben wir uns gefragt, wie diese 8 Millionen Menschen ein neues zu Hause gefunden haben und wie diese Menschen in die Gemeinschaft aufgenommen wurden.

Zeitzeugensuche
Jetzt überlegten wir, wie wir in Korschenbroich und Umgebung ehemalige Flüchtlinge und Vertriebene finden können. Nahe liegend kam uns die Idee, im Haus Tabita, das Altersheim in Kleinenbroich, nach Zeitzeugen zu fragen. Hier lernten wir Herrn Dittner kennen. Herr Dittner war netter Weise sofort bereit, uns von seinem Leben zu erzählen. Da Herr Dittner sehr viel über die Situation im 2. Weltkrieg zu erzählen hatte, wollten wir gerne mit ihm ein Zeitzeugeninterview durchführen.
Anhand von Herrn Dittners Lebensdaten, die wir in einem kurzen Vorabinterview abgefragt hatten, erstellten wir einen genaueren Fragebogen, nach dem wir uns im Interview richten wollten.

Vor dem Interview
Gemeinsam mit Herrn Dr. Rüther, Frau Martinsdorf-Rüther, Frau Herrmanns und Frau Bogedain überlegten und besprachen wir, wie man ein Zeitzeugeninterview am besten durchführt. Dabei muss man schließlich an einige Sachen denken: Wie reagieren wir, wenn Menschen uns von bewegenden, traurigen und grausamen Erlebnissen erzählen? Was machen wir, wenn die Erinnerung an diese Zeit den Zeitzeugen zu sehr berührt?
Zudem wissen wir aus den Erfahrungen, die wir mit älteren Menschen aus unserer Verwandtschaft gemacht haben, das es manchmal schwierig ist, den „roten Faden“ in ihren Erinnerungen bei zu behalten. Das ist auch nicht verwunderlich, denn es ist für jeden Menschen schwierig, Ereignisse aus der Vergangenheit geordnet nachzuerzählen. Außerdem lernten wir Techniken des modernen Zuhörens kennen (z.B. angenehme Gesprächsatmosphäre schaffen, interessiert und geduldig sein).

Der 12. Dezember: Das Interview
Um 9 Uhr morgens trafen wir uns mit Herrn Dr. Rüther im Haus Tabita, um dort Herrn Dittner zu interviewen. Anfangs hatte er noch Schwierigkeiten, in das Thema hereinzukommen, doch schon nach den ersten Fragen konnte er uns immer mehr Auskunft geben. Er kam somit in einen gleichmäßigen „Redefluss“ und hatte uns meist schon selbstständig viele Fragen in einem beantwortet. Wir erfuhren sehr viel über seine damalige Situation. Herr Dittner selber ist zwar nicht geflohen, konnte uns aber aus seiner Zeit als Soldat und aus den Nachkriegswirren sehr viel Interessantes berichten. Unser Gespräch dauerte eine knappe Stunde.

Nachbearbeitung
Der nächste sehr arbeitsaufwendige Schritt war es für uns, aus Herrn Dittners Erinnerungen eine chronologische Struktur herauszuarbeiten. Dabei hörten wir uns das Interview nochmals an und sortierten die Ereignisse. Beim mehrmaligen Hören merkten wir auch, an welchen Stellen Ungereimtheiten und Fragen für uns auftauchten. Diese Fragen notierten wir und bei einem erneuten Besuch bei Herrn Dittner konnten wir diese klären. Netter Weise hatte Herr Dittner uns auch sein Fotoalbum ausgeliehen, sodass wir auch Bilder für die Internetdokumentation verwenden konnten. Mit Herrn Dr. Rüther vereinbarten wir, das er die Lebensgeschichte schreibt und wir die Lebenskapitel.

Fazit
Bei der Verarbeitung der Materialien und der Informationen, die uns Herr Dittner gegeben hatte, konnten wir nebenbei diese nochmals vertiefen und uns durch die Bilder auch ein Bild von der Situation machen. Das schwere bei den ganzen Untersuchungen war nur, die Informationen zu ordnen, da Herr Dittner von sehr vielen Städten und Situationen gesprochen hat, die immer zu einem anderen Datum aktuell waren. Schlussendlich war das Interview sehr erfolgreich und hat uns viele Informationen zum früheren Leben gegeben.
Insgesamt stellen wir fest, dass wir mehr Zeit investieren mussten, als wir gedacht hätten. Abgesehen davon, dass es für uns schwierig ist, neben dem Schulalltag gemeinsame Arbeitstermine zu finden, hätten wir niemals gedacht, dass das Beschreiben einer Lebensgeschichte so schwierig ist. Wir merkten, wie vielschichtig das Leben der Menschen aus der Kriegsgeneration ist. Der Lebenslauf von Herrn Dittner z.B. hat so viele Brüche und Ereignisse, dass uns jetzt erstmal klar wird, wie sehr das Leben der Menschen damals von unserem unterscheidet.