Amt für Führernachwuchs (Personalamt der Reichsjugendführung)

Das Personalamt der Reichsjugendführung war verantwortlich für Auswahl und Ausbildung, Einsatz und Beförderung sowie für Kontrolle und etwaige Entlassung der HJ-Führer.

Seit 1933 wurde eine große und fortwährend steigende Zahl von HJ-Führern benötigt, um die Mitglieder der seit 1933 stark anwachsenden HJ-Organisation erfassen, nationalsozialistisch ausrichten und mobilisieren zu können. Das Amt, das von 1933 bis 1943 zumeist von Heinz-Hugo John geführt und dann bis zum Kriegsende von Willy Lohel geleitet wurde, orientierte sich bei der Rekrutierung und Ausbildung dieser Jugendfunktionäre stärker an der SS als an der politischen Organisation der NSDAP. Die anfänglich eher traditionellen Bemühungen zur Heranbildung von systemkonformen HJ-Führern entwickelten sich immer stärker zu einem normierten Ausbildungssystem für eine neue Elite des NS mit eigens entwickelten spezielle Erfassungs- und Ausleseverfahren, Ausbildungslehrgängen und Bewährungsprogrammen.

Es entstand ein ausdifferenziertes System von HJ-Reichs-, Gebiets- und Bannführerschulen, zu dem unter anderem die im März 1934 eingerichtete Reichsführerschule in Remagen gehörte. Während die untere Führerschaft in Wochenendlehrgängen auf den Bannführerschulen ausgebildet wurde, erfolgte die Schulung der mittleren Führerschaft auf den HJ-Gebietsführerschulen und die der höheren Führerschaft auf den Reichsführerschulen. Allein zwischen 1933 und 1938 durchliefen insgesamt 147.800 männliche und weibliche Jugendführer dieses kontinuierlich erweiterte dreistufige System weltanschaulicher Indoktrination. Die zumindest bis zum Kriegsbeginn weitgehend als erfolgreiche angesehene HJ-Führerausbildung war zum einem Großteil offen rassistisch geprägt. Zur Gewährleistung der "Rassereinheit" des HJ-Führerkorps wurden detaillierte Auskünfte über die eigenen Familien sowie über die der Verlobten bzw. künftigen Ehepartner/innen verlangt.

Letztlich erwies sich der Bereich der als einer der zentralen und letztlich nie gelösten Probleme der NS-Jugendpolitik. Zum einen wurde seine Arbeit durch permanente Zugriffe anderer NS-Institutionen auf die HJ-Führerschaft hintertrieben. Zum anderen war sie durch die HJ-eigene, bis 1939 weitgehend erfolgreiche Führerausbildung selbst geschaffen worden: Denn die logische und folgerichtige Konsequenz dieser Erziehung war, dass sich während des Krieges eine so hohe Zahl von HJ-Führern freiwillig an die Front meldete, dass die Gesamtorganisation in ihrem Bestand gefährdet wurde.

Quelle: Michael Buddrus, Totale Erziehung für den totalen Krieg. Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik, München 2003, S. 306-319