Euthanasie

"Euthanasie" (aus dem Griechischen: "leichter Tod") war im Nationalsozialismus die verharmlosende Bezeichnung für die Ermordung von geistig Behinderten und chronisch kranken Menschen.

Als Euthanasie wurde im Nationalsozialismus die Tötung von als "lebensunwert" angesehenen Menschen bezeichnet. Dazu zählten neben Kindern und Erwachsenen mit Behinderungen auch Menschen, die an seelischen und Nervenkrankheiten wie Schizophrenie oder Epilepsie litten. Über 120.000 Menschen starben bei den Massentötungen, die nach dem so genannten Euthanasiebefehl Hitlers 1939 verübt wurden.

In seiner ursprünglichen Bedeutung stand das Wort Euthanasie für den schönen, leichten Tod. Die Nationalsozialisten wandelten den Begriff in ihrer rassenbiologischen Ideologie in menschenverachtender Weise ab: Menschen, die für "lebensunwert" erklärt wurden, sollten sich nicht fortpflanzen und beseitigt werden. Hitler erteilte Ärzten im Euthanasiebefehl daher die Befugnis, "unheilbar Kranken" den "Gnadentod" zu "gewähren".

In Heil- und Pflegeanstalten ermittelten Ärzte nach freiem Ermessen die Opfer. Mit Gas oder durch Injektionen brachte man die angeblich unheilbar Kranken anschließend in speziellen Einrichtungen um. Die Tötungen waren aber selbst nach dem Rechtssystem des Nationalsozialismus ungesetzlich und wurden geheim gehalten. Dennoch drangen zunächst Gerüchte und bald auch gesicherte Nachrichten an die Öffentlichkeit. Und vor allem von kirchlicher Seite erhob sich Widerstand. So wendete sich der Bischof von Münster, Clemens August von Galen, in einer berühmten Predigt im August 1941 gegen die Euthanasie. Bald darauf wurden die Tötungen zwar eingestellt; allerdings setzte man die Euthanasie in Vernichtungslagern im Osten unter noch größerer Geheimhaltung fort. Auch in Heilanstalten fanden viele Kranke und Behinderte durch Spritzen oder den Entzug von Nahrung weiter den Tod.

Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 235ff, S. 355