"gemeinschaftsfremd"

Diskriminierender Begriff der Nationalsozialisten

Zur Ausgrenzung verschiedenster Gruppen benutzten die Nationalsozialisten den Begriff "gemeinschaftsfremd". "Gemeinschaftsfremd" seien alle, die "ihrer Veranlagung nach asozial" waren. Die soziale Stigmatisierung wurde mit einer rassistischen Ausgrenzung verknüpft, da die Nationalsozialisten behaupteten, Kriminalität und "Asozialität" seien angeboren und Ausdruck "minderwertiger Erbanlagen". Eine somit legitimierte "vorbeugende" Verbrechensbekämpfung führte bis zur Ermordung der Stigmatisierten.

Nationalsozialistische Juristen planten ein "Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder", das wegen des Krieges nicht mehr in Kraft trat. Die Begriffsbestimmung war absichtlich vage gehalten:

"Gemeinschaftsfremd ist:
1. Wer sich nach Persönlichkeit und Lebensführung (...) außerstande zeigt, aus eigener Kraft den Mindestanforderungen der Volksgemeinschaft zu genügen.
2. Wer a) aus Arbeitsscheu oder Liederlichkeit ein nichtsnutziges, unwirtschaftliches oder ungeordnetes Leben führt (...) oder einen Hang (...) zum Betteln oder Landstreichen, zu Arbeitsbummelei oder Diebereien (...) betätigt oder b) aus Unverträglichkeit oder Streitlust den Frieden der Allgemeinheit hartnäckig stört oder
3. Wer nach seiner Persönlichkeit und Lebensführung erkennen lässt, dass seine Sinnesart auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist (...)"

Peukert/Reulecke (Hg.): Die Reihen fest geschlossen, S. 416