Heinrich Lumpe

SS-Hauptsturmführer Heinrich Lumpe befahl am 10. November 1938 das Niederbrennen der Synagoge in Siegen. Die Bestrafung hierfür fiel nach 1945 sehr mild aus.

Heinrich Lumpe wurde am 18.12.1887 in Borken/Westfalen geboren. Er wuchs in Kassel auf und wurde Lehrer. Zugunsten einer Karriere in der SS gab er den Lehrerberuf auf. 1938 bekleidete er den Rang eines SS-Hauptsturmführers. Im selben Jahr wurde er von Kassel nach Siegen abgeordnet, um die kommissarische Leitung des hiesigen SS-Sturmbannes zu übernehmen.

Im selben Jahr unterstützte er mit dem SS-Sturm II/35 im September die Absperrmaßnahmen anlässlich des Reichsparteitages der NSDAP in Nürnberg. Am 9. November ordnete er die Aufstellung von SS-Doppelposten an Gräbern von toten SS-Soldaten sowie auf den Siegener Friedhöfen sowie am Julius-Schreck-Ehrenmal in der Sandstraße an.

Am Morgen des 10. November gegen 11 Uhr erreichte ihn ein Anruf seines Vorgesetzten - SS-Standartenführer Florstedt aus Kassel - , der ihm die Zerstörung der Synagoge befahl. Im Prozess gegen Lumpe 1948 wegen Brandstiftung äußerte dieser zu seiner Verteidigung, er habe damals gegenüber Florstedt Bedenken zu dessen Befehl vorgebracht. Dennoch ordnete Lumpe an, die Synagoge niederzubrennen. Die Männer für die Tat suchte sein Adjutant Wünsche aus. Hierbei handelte sich um 10 - 12 Männer, die vorwiegend bei der Stadtverwaltung und beim Gaswerk beschäftigt waren. Den SS-Männern wurde aufgetragen, in Zivil zur Brandstiftung zu kommen.

Laut späterer Zeugenaussagen soll Heinrich Lumpe eine Nebentür zum Gebäude eingetreten haben, damit alle in das Gotteshaus gelangen konnten. Dort wurden mit Äxten die Bänke der Frauenempore zerschlagen und nach unten in den Betraum der Männer geworfen und zu einem Scheiterhaufen aufgeschichtet. Dieser wurde sodann mit Benzin übergossen und angezündet. Gegen 12.45 Uhr schlugen die Flammen aus dem Gebäude, hunderte von neugierigen kamen zum Brandherd. Die zuvor alarmierte Feuerwehr beschränkte sich auf die Sicherung der Nachbarhäuser, hier vor allem auf das nahe gelegene Stadtkrankenhaus.

Die Synagoge brannte nieder, die Reste des Gebäudes wurden Anfang 1939 abgetragen. Anstelle der Synagoge wurde auf deren Grundmauern ein 3-stöckiger Hochbunker für ca. 600 Personen errichtet, der noch heute dort steht. Auf der unteren Etage des Bunkers befindet sich seit 1996 das Aktive Museum Südwestfalen, das die regionale Geschichte des Nationalsozialismus dokumentiert.

Heinrich Lumpe wird 1941 von Siegen nach Buchenwald versetzt. Er wird 1945 interniert und kommt 1948 frei. Im Oktober 1948 stehen Lumpe und weitere Mittäter wegen der Brandstiftung vor dem Schwurgericht Siegen. Er wird wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 1 Jahr und 2 Monaten Zuchthaus verurteilt, dabei wird die Haftzeit vor dem Prozess abgezogen.

Dietermann, Klaus: Die Siegener Synagoge - Vom Bau und der Zerstörung eines Gotteshauses, Siegen 1988