Entnazifizierung

Als Entnazifizierung bezeichnet man das ab 1945 einsetzende Bemühen, den Nationalsozialismus aus dem politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben zu beseitigen.

Nach der Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland versuchten die vier Besatzungsmächte mit der Entnazifizierung (angelehnt an den amerikanischen Begriff "Denazification"), die Nationalsozialisten und ihr Gedankengut aus dem öffentlichen Leben, insbesondere aus verantwortlichen Stellungen in der Verwaltung, dem Erziehungswesen und der Wirtschaft zu verdrängen.

Obwohl sich die Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz auf einem einheitlichen Vorgehen geeinigt hatten und der dafür zuständige Alliierte Kontrollrat hierzu später zwei Direktiven entließ, wurde die Entnazifizierung in den vier Besatzungszonen sehr unterschiedlich durchgeführt.

In der sowjetischen Besatzungszone wurde verhältnismäßig umfangreich und schnell entnazifiziert. Beispielsweise wurden über 520.000 Menschen bis zum offiziellen Ende der Aktion in der SBZ im Februar 1948 aus ihren Stellungen entfernt. Allerdings trafen die Maßnahmen nicht nur Nationalsozialisten, sondern auch all jene, die der Umwandlung in einen kommunistischen Staat im Wege standen, darunter auch Demokraten und andere Gegner des NS-Regimes. In der US-Besatzungszone mussten 13 Millionen Menschen Fragebögen zu ihrer Vergangenheit ausfüllen. Aufgrund dieser Angaben wurden sie von Laiengerichten ("Spruchkammern") in Belastungskategorien eingestuft; von der Einstufung hing die Härte der Strafmaßnahmen oder die Verhängung eines Berufsverbotes ab. Dieses Verfahren wurde mit Verzögerung und in kleinerem Umfang auch in der britischen und französischen Besatzungszone übernommen. Am Ende stand die Einstufung in eine der fünf Teilgruppen: Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer oder Entlastete. Im Falle der ersten drei Kategorien drohten Strafen wie Haft oder Berufsverbot; für Mitläufer waren Geldbußen vorgesehen.

Allerdings stellten sich viele Deutsche gegenseitig Leumundszeugnisse, die berüchtigten "Persilscheine" aus, um einer schlechten Einstufung zu entgehen. Auch war es gängig, dass die Spruchkammern zunächst die leichteren Fälle behandelten und eine Beurteilung der schwerer Belasteten aufschoben. Da im Zuge des sich verschärfenden Ost-West Gegensatzes die Entnazifizierung ab 1948 für die Westmächte an Stellenwert verlor und eine Einbindung aller - auch der Belasteten - Deutschen in den Kampf gegen den Kommunismus Vorrang gewann, wurden die zurückgestellten schwereren Fälle oft milder beurteilt als zuvor die leichten. In der Bundesrepublik wurde die Entnazifizierung im Dezember 1950 nach einem Beschluss des Bundestages die noch ausstehenden Verfahren eingestellt.