Selektion

Aussonderung von zum Tode bestimmten Menschen durch die Nationalsozialisten

Der Begriff Selektion bedeutet „Auslese“ und ist dem Vokabular der Abstammungslehre entlehnt. Während des Dritten Reichs bedeutete Selektion die teils willkürliche Zuordnung von Menschen in die Kategorien „wert“ und „unwert“. Für letztere bedeutete das in der Regel das Todesurteil.

Bereits vor der Ermordung unliebsamer Gruppen fand ein Selektionsprozess mittels Stigmatisierung und Ausgrenzung statt. Die Trennung von „Juden“ und „Halbjuden“ und die Aussonderung von „erblich Kranken“ im Rahmen der „Euthanasie“ markierten beispielsweise diesen Vorgang.

Im damaligen wie heutigen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff in erster Linie die Situation im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, wo nach der Ankunft der Opfer eine Trennung in Arbeitsfähige und nicht Arbeitsfähige vorgenommen wurde. Die Angekommenen mussten sich an der berüchtigten Rampe neben dem Eisenbahngleis aufstellen. SS-Männer, oft auch SS-Ärzte entschieden nach bloßem Augenschein über die Opfer. Wer auf die Seite der nicht Arbeitsfähigen gewinkt wurde, wurde sofort in den Gaskammern ermordet.

Selektionen fanden jedoch auch in allen Konzentrationslagern und Vernichtungslagern bei den arbeitenden Häftlingen statt. Vor allem Kranke und Schwache waren davon betroffen.

Der Begriff Selektion ist gleichbedeutend mit Ermordung, doch war es typisch für die nationalsozialistischen Begrifflichkeiten, verschleiernde Bezeichnungen zu nutzen. So konnten sich die Täter als Vollstrecker naturgegebener Gesetzmäßigkeiten verstehen.

Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 727