Arthur Samuel – "Een echter Bönnsche Jung“

Arthur Samuel war ein in Bonn angesehener und beliebter Arzt. Er hatte sich im Ersten Weltkrieg als Truppenarzt verdient gemacht und dafür das „Eiserne Kreuz I. Klasse“ erhalten. Regelmäßig traf er sich mit ehemaligen Kameraden im „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“, einer Vereinigung von jüdischen Männern, die im ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft hatten.

1928 baute er für sich, seine Frau Hilde und ihre beiden Kinder Gerhard (geb. 1924) und Erika (geb. 1926) ein Haus in der Colmantstraße, in dem auch im Erdgeschoß die Praxis eingerichtet wurde. Arthur Samuel kümmerte sich eingehend um seine Patienten. Urlaube der Familie richteten sich oft nach Geburtsterminen der schwangeren Patientinnen. Wenn jemand die Arztrechnung nicht bar bezahlen konnte, akzeptierte Arthur Samuel auch Naturalien. In einem Fall nahm die Familie Samuel für mehrere Wochen einen Säugling auf, dessen Mutter erkrankt war.

Die Familie war sehr musikalisch, jeder spielte ein Instrument und das Haus Samuel war oft Treffpunkt für Hausmusikabende mit Freunden und Bekannten. Arthur Samuel malte und bildhauerte. Darüber hinaus war die Familie befreundet mit dem Maler August Macke und dessen Vetter Helmuth sowie mit vielen anderen Künstlern aus Bonn und Umgebung.

Zehn Jahre lang war Arthur Samuel Vorsitzender der Synagogengemeinde in Bonn und kümmerte sich intensiv um die Belange der Gemeinde und ihrer Mitglieder. Doch die systematische Verfolgung durch die Nationalsozialisten erschwerten der Gemeinde und auch Arthur Samuel und seiner Familie das Leben.

Für Arthur Samuel ist der Boykott der jüdischen Geschäfte, Praxen und Kanzleien am 1. April 1933 nur der Anfang der systematischen Zerstörung seines bisherigen Lebens. Nach zahlreichen Einschränkungen durch Gesetzte und Verordnungen im Laufe der nächsten Jahre muss er 1938 seine Praxis aufgeben, denn laut der „IV. Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 25.7.1938 wurden Juden die Bestallungen (Approbationen) aberkannt. Samuels müssen auch ihr Haus verkaufen. Die Familie zieht schweren Herzens nach Friesdorf, das damals zu Bad Godesberg gehörte. Arthur Samuel wird durch weitere Gesetze der Nationalsozialisten gezwungen, sein Geld bei einer Bank zu deponieren. Wenn die Familie Geld braucht, kann sie nur mit Genehmigung Geld von ihrem Konto abholen.

Am Abend des 9. November 1938 wird Arthur Samuel wie viele andere jüdische Männer festgenommen. Während überall in Deutschland, so auch in Bonn, SA und SS zum Teil in Zivil, Synagogen anzünden und Geschäfte zerstören, bleiben die Männer in Haft. Nach ungewissen 24 Stunden werden sie zu unbekannten Orten abtransportiert. Nur Arthur Samuel kommt frei, weil er als Vorsitzender der Synagogengemeinde dafür sorgen muss, dass die Überreste der Synagoge auf Kosten der Gemeinde beseitigt werden.

Einige Monate später gelingt es den Samuels nach vielen Versuchen, eine Einreisegenehmigung in die USA zu erhalten. Doch zwei Wochen vor der Abreise wird Arthur Samuel erneut verhaftet. Durch eine Missverständnis wird er verdächtigt, einer kommunistischen Gruppe anzugehören. Nach langen Verhören wird er wieder freigelassen und die Familie kann über Holland nach Amerika fliehen.

In den USA ist der Anfang für die Familie schwer, Arthur muss die englische Sprache lernen. Obwohl er lange Jahre in Bonn praktiziert hat, muss er ein für die USA gültiges Examen in Medizin ablegen. Geld, welches Samuels bei vermeintlichen Freunden in der Schweiz gelassen hatten, bekommen sie nicht wieder. Die Familie Samuel ist nun arm und auf die Wohlfahrt angewiesen. Doch schlimmer als die wirtschaftliche Lage ist das Entsetzen über die Verbrechen der Nationalsozialisten, die auch Arthur Samuel und seine Familie gezwungen hat, die Heimat zu verlassen.