Rösrath alliierter Besatzung (1918-1926)

Nach dem Ersten Weltkrieg forderten die Alliierten u. a., das deutsche Militär müsse das gesamte linksrheinische Gebiet und die drei Brückenköpfe Köln, Koblenz und Mainz einschließlich einer vor gelagerten neutralen Zone räumen. Im Bereich des Brückenkopfs Köln lag der gesamte Kreis Mülheim am Rhein, zu dem damals die Gemeinde Rösrath gehörte. Der Versailler Friedensvertrag vom 28. Juni 1919 sah eine Entmilitarisierung des Rheinlandes und Besetzung der Brückenköpfe auf 15 Jahre vor.

Am 12. Dezember 1918 ritt britische Kavallerie als Vorhut der Besatzungstruppe in Rösrath ein. Schon wenige Tage später verwandelten rund 1000 Soldaten die kleine Gemeinde in ein Heerlager46. Die meisten britischen Soldaten wurden in den Schulgebäuden untergebracht. Deshalb fiel vorerst der gesamte Unterricht aus.

Mit Beginn der Besatzungszeit wurden zahlreiche bürgerliche Rechte eingeschränkt. So waren zunächst Versammlungen verboten; es bestand ein nächtliches Ausgangsverbot und die Pflicht, einen Personalausweis mit sich zu führen. Diese Auflagen wurden jedoch nach und nach gelockert. Im ganzen scheint das Verhältnis zwischen der Rösrather Bevölkerung und der britischen Besatzung, die abwechselnd aus Engländern, Schotten, Kanadiern und Neuseeländern bestand, ohne größere Spannungen gewesen zu sein. Die Schotten waren "ruhige Leute", und die Kanadier verteilten an die Bevölkerung Reis, Kakao und andere Lebensmittel. Außerdem entwickelte sich ein "lebhafter" Schwarzhandel mit Büchsenfleisch, Zigaretten, Strümpfen und anderem.

Im Dezember 1919 verließen die letzten englischen Soldaten Rösrath. Zu dieser Zeit änderten sich die Besatzungs-' grenzen im Landkreis Mülheim. Die Gemeinden Odenthal, Bergisch Gladbach und Heumar gehörten weiterhin zur britischen Zone, während die übrigen Gemeinden - Rösrath, Bensberg, Overath und Wahn - dem französisch besetzten Gebiet zugeschlagen und dem französischen Kreisdelegierten in Siegburg unterstellt wurden. Zeigten die englischen Besatzungsstellen "für die deutschen Belange Verständnis und Wohlwollen", so gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem französischen Kreisdelegierten äußerst schwierig.

Nach dem Abzug der britischen Besatzung wurde die Gemeinde Rösrath nur noch zeitweise von Einquartierungen betroffen. Die französischen Besatzungstruppen waren auf dem Schießplatz Wahn und bis Oktober 1922 im Bensberger Schloss untergebracht. Allerdings litten in der Gemeinde Rösrath die Bewohner der am Rande des Wahner Truppenübungsplatzes liegenden Ortschaften Brand und Hasbach beträchtlich unter der französischen Besatzung.

Der Druck des französischen Besatzungsregimes nahm während der Ruhrbesetzung im Jahre 1923 erheblich zu. Den "passiven Widerstand" beantworteten die französischen Besatzungsbehörden mit verschärften Passkontrollen, Beschlagnahmungen von Autos und der Ausweisung von Beamten. Von den leitenden Gemeindebeamten im Kreis Mülheim wurden am 5. März der Overather Bürgermeister Brochhaus und am 19. April sein Rösrather Kollege Haumann aus der Zone ausgewiesen.

Haumann wurde verhaftet, weil er sich weigerte, Plakate der Besatzungsbehörden auszuhängen. Er wurde auf einem Lastauto ins unbesetzte Gebiet abtransportiert und in der Nähe von Much von seinen französischen Bewachern ausgesetzt. Seine Frau und die fünf Kinder mussten Rösrath binnen vier Tagen verlassen. Haumann ließ sich in Kassel nieder und durfte erst am 20. Oktober 1924 nach Rösrath zurückkehren. Die Gemeindeverwaltung, die nun von Gemeindeobersekretär Max Steinsträßer geleitet wurde, und alle Schulen reagierten auf die Ausweisung des Bürgermeisters mit einem "24stündigen Proteststreik".

Die Räumung der Kölner Zone begann schließlich am 30. November 1925 und war am 31. Januar 1926 abgeschlossen.

Johann Paul: Rösrath in der Weimarer Republik; in: Chronik der Gemeinde Rösrath 2, S. 303ff.