Aufstieg des Nationalsozialismus in Rösrath

Das widersprüchliche Bild der lokalen NSDAP vor 1933: eine Wähler-, aber keine Mitgliederbewegung

In Rösrath, d.h. insbesondere im Ortsteil Hoffnungsthal, gab es zahlreiche personelle Verzahnungen zwischen „Bürgerblock“ und NSDAP. So sollen nach aus dem Jahr 1933 datierenden Angaben aus NS-Kreisen bereits 1931 "sämtliche Vertrauensleute des Bürgerblocks“ bereits entweder „etwas nationalsozialistisch eingestellt“ oder bereits „teilweise auch schon Mitglied unserer Bewegung“ gewesen sein.

Vergleicht man die Namen der Ratsmitglieder und Kandidaten von Bürgerblock und Nationalsozialisten, ergibt sich folgendes Bild: Der Buchdruckereibesitzer Emil Pilgram und der Wegeaufseher i.R. Wilhelm Bork zogen im November 1929 für den Bürgerblock in den Gemeinderat. Beide teilten in der Ratssitzung vom 12. Januar 1932 ihren Übertritt zur NSDAP mit. Die Nationalsozialisten hatten also schon ein Jahr vor der Machtübernahme zwei Vertreter im Gemeinderat.

Die nationalsozialistischen Organisationen waren im Ortsteil Rösrath vor 1933 schwach. In der ersten vorliegenden Mitgliederstatistik vom 1. Oktober 1930 rangierte die Ortsgruppe Rösrath mit 19 Mitgliedern abgeschlagen auf dem letzten Platz im Kreis Mülheim, der seinerseits zur nationalsozialistischen Diaspora im Kölner Bezirk gehörte. Am 1. März 1931 zählten die Rösrather Nationalsozialisten 29 und die inzwischen gegründete Ortsgruppe Hoffnungsthal 30 Parteigenossen. Weitere elf Monate später war die Hoffnungsthaler Parteigliederung mit nun 70 Mitgliedern an den Rösrathern mit nur 32 Parteigenossen vorbeigezogen. Außerdem gab es Anfang 1932 einen NSDAP-Stützpunkt in Vierkotten. Mit 58 Mann zählte der "SA-Sturm 15 Hoffnungsthal und Umgebung" am 1. Januar 1932 etwa halb so viele Mitglieder wie die Parteiorganisation. Anscheinend deckte sich sein Einzugsgebiet nicht mit der Gemeindegrenze, denn der Sturmführer wohnte in Bensberg-Untereschbach.

Im Vergleich mit der Entwicklung auf Kreisebene haben die Nationalsozialisten in der Gemeinde Rösrath 1931/32 überdurchschnittlich viele Mitglieder hinzugewonnen. Allerdings zeigte die Stagnation in einigen Nachbargemeinden, dass sie nach Ausschöpfung eines begrenzten Reservoirs an eine soziale Schallmauer stießen, die sie vor 1933 nicht durchbrechen konnten.

Das Treiben einer Handvoll fanatischer Parteiaktivisten wirkte nach bürgerlichen Maßstäben abstoßend und bedrohlich. Nicht sie haben 1933 die Wende herbeigeführt. Die Nationalsozialisten haben sich in Rösrath wie anderswo durchgesetzt, weil immer mehr Wähler ihrer Führung eine Bewältigung der wirtschaftlichen und politischen Krise zutrauten und weil einflussreiche Kreise sich mit ihnen verbündeten.

Johann Paul: Entwicklung und Durchsetzung des Nationalsozialismus
in Rösrath 1929-1933; in: Chronik der Gemeinde Rösrath, Bd. 2, S. 377ff.