Die Lage im Siegerland nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem verlorenen Weltkrieg herrscht große Niedergeschlagenheit und Enttäuschung im Siegerland. „Willkommen, Ihr unbesiegten Helden“ lautet der Text auf einem Spruchband in Siegen an einem Verkehrskontenpunkt. Flaggen- und Girlandenschmuck, reichlich Tannengrün und Fähnchen zieren die Innenstadt. In der Stadt werden Truppen der 18. Armee demobilisiert: In der Wirtschaft Bürgergesellschaft in der Koblenzer Str. 8 ist die „Auskunfts- und Weiterleitungsstelle der 18. Armee“. Am Güterbahnhof befindet sich ein Verpflegungslager der Armee, auf der Eintracht werden die 21 cm-Geschütze gesammelt, auf dem Herrenplatz und in der Hagener Straße parken verlassene Militärfahrzeuge, in der Frankfurter Straße werden Militärpferde an die örtlichen Metzger und Viehhändler angeboten, viele Schulen sind geschlossen, da sie den Soldaten als Unterkünfte dienen.

Die Novemberrevolution und die Abdankung des Kaisers haben die stark konservativ geprägte Bevölkerung in dieser Region stark verunsichert. Die von konservativen Kräften verbreitete „Dolchstoßlegende“ sucht nach den Schuldigen für diese Niederlage Man glaubt sie, in den Juden gefunden zu haben. Es tauchen antisemitischen Schmierereien und Flugblätter auf. Der Lehrer und Prediger der jüdischen Gemeinde von Siegen, Simon Grünewald, sieht sich veranlasst, diese Angriffe in einer „Erklärung“ in der Lokalpresse zurück zu weisen.