Auswahlkriterien zur Person

In zweifacher Hinsicht kann die Lebensgeschichte von Josef Hoegen als exemplarisch für die deutsche Geschichte angesehen werden: Das brutale Vorgehen der Gestapo gegen politische Oppositionelle sowie die unzureichende, zum Teil mangelhafte rechtliche Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik werden anhand der vorliegenden Biographie beispielhaft dargestellt.

Nahezu die gesamte NS-Zeit hindurch war Josef Hoegen als Ermittlungsbeamter der Gestapo zur Verfolgung politischer Oppositioneller eingesetzt. Es handelte sich nicht um einen „Schreibtischtäter“. Hoegen war unmittelbar an Verhaftungen und Vernehmungen vor allem von kommunistischen Regimegegnern beteiligt. Gemäß dem allgemeinen Vorgehen der Gestapo setzte er schwerste Folterungen und Misshandlungen zur Erpressung von Aussagen ein.

Infolge der NS-Machtübernahme wurde massiv gegen Mitglieder und Sympathisanten der verbotenen KPD vorgegangen. Mitte der 1930er Jahre war der politische Widerstand weitgehend zerschlagen. Mit Kriegsbeginn 1939 weitete sich die Verfolgungstätigkeit abermals aus. Zum Kriegsende gingen Gestapo-Sonderkommandos mit einer bis dahin nicht gekannten Brutalität gegen neu entstandene oppositionelle Gruppen vor. Sämtliche Stationen dieser Radikalisierung werden anhand der Lebensgeschichte Hoegens dargestellt.

Justiz und NS-Verbrechen im Nachkriegsdeutschland – Ein zweiter Aspekt bundesdeutscher Geschichte, der anhand der Biographie Hoegens widergespiegelt wird. Die Alliierten Truppen gingen nach Kriegsende resolut gegen die NS-Verbrecher vor. Der Nürnberger Prozess bildete die Grundlage für die Internierungspraxis, für Militär- und Spruchgerichtsbarkeit. Auch vor deutschen Gerichten begannen Prozesse gegen NS-Verbrecher. Der „Hoegen-Prozess“ 1949 war einer der umfangreichsten NS-Prozesse in der frühen bundesdeutschen Geschichte.

Das gesellschaftliche und politische Interesse an diesen Prozessen ließ jedoch bald nach. Die beginnenden 1950er Jahre waren geprägt von einer weitgehenden Verdrängung der Vergangenheit und Rehabilitierung der Täter. Neue Themen wie „Wirtschaftswunder“ und „Kalter Krieg“ prägten stattdessen die öffentliche Debatte. Vor diesem Hintergrund fand auch der Prozess gegen Hoegen ein skandalöses Ende. Nach dem milden Urteil im Jahr 1949 wurde seine Strafe bereits 1953 vorzeitig auf dem Gnadenwege ausgesetzt.